Die Biozidverordnung und die Folgen für die Pharmaindustrie

08.02.2019 | Pharmaindustrie | Autor: Manuel Zabe

Der Begriff Biozid setzt sich aus den Wörten "bios" = Griechisch “Leben" uns "caedere" = Latein “Töten" zusammen. Biozide sind Stoffe die einzeln oder in gemischter Form dazu bestimmt sind Schadorganismen unschädlich zu machen. In einem hygienischen Umfeld spricht man auch von Desinfektionsmitteln, die nach der Begriffsbestimmung eines Desinfektionsmittels, die Anzahl der lebenden Mikroorganismen um einen bestimmten Faktor reduzieren. Die Biozid Produkte Richtlinie (BPR-VO EU 528/2012) reguliert europaweit die Freigabe und Verwendung von Biozidprodukten für den Schutz von Mensch, Tier, Materialien oder Gegenständen gegenüber schädlichen Mikroorganismen.

Richtlinie Nr. 528/2012

Die Richtlinie ersetzt die Verordnung BPD 98/8/EG und muss seit dem 01.09.2013 angewendet werden. Die Verordnung hat das Ziel die Anforderungen und Regularien an Biozidprodukte in Europa zu harmonisieren und zudem den Schutz des Menschen und der Umwelt zu verbessern. Diese Verordnung dokumentiert im Detail, in einer auf Unionsebene gültigen Liste, die Wirkstoffe, welche in Biozidprodukten verwendet werden dürfen. Zusätzlich wird das Zulassungsverfahren eines Biozides und die Anerkennung der Zulassung in unterschiedlichen EU Mitgliedstaaten definiert. Der Anwendungsbereich der Verordnung wurde erweitert und beinhaltet nun auch Regularien für die Vorort hergestellten Biozide und Produkte die Nanomaterialien enthalten, welche ggf. die Umwelt schädigen könnten.

Die neue Biozidverordnung verzichtet nun jedoch grundsätzlich auf Angaben zu Lebens- und Futtermitteln, welche z.B. als Lockmittel für Schädlinge eingesetzt werden. Biozide Wirkstoffe, welche für die Anwendung in Produkten freigegeben sind, werden in einer Unionsliste veröffentlicht und sind online auf der Seite echa.eu (Die Europäische Chemikalienagentur ist mit der Umsetzung der neun Biozidverordnung beauftragt) abzurufen.

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Was passiert im Hintergrund?

Die Europäische Biozid-Produkte-Verordnung (BPR) wirkt sich direkt auf die Verwendung von Desinfektionsprodukten und anderen Biozidprodukten auf dem europäischen Markt aus. Im Laufe des nächsten Jahrzehnts wird diese Regelung das Desinfektionsgeschäft erheblich beeinflussen. Historisch hat jedes europäische Land seine eigenen Regularien aufgestellt, um Desinfektionsmittel in zu registrieren. Die BPR wird eine europaweit einheitliche Registrierung und Freigabe von Desinfektionsprodukten bzw. Biozidprodukten umsetzen. Seit 2012 werden erste Dossiers für spezifische Zusammensetzungen von verschiedenen Wirkstoffen erarbeitet. In einem Dossier fasst der Hersteller eines Biozids alle nötigen und geforderten Informationen zusammen wie z.B. unter welchen Bedingungen, welche Wirkung des Biozids zu erwarten ist. Zusätzlich muss die Umweltverträglichkeit nachgewiesen werden. Im ersten Schritt wurden alle Wirkstoffe (Rohstoffe eines Biozids) zusammengetragen, welche in Biozidprodukten eingesetzt werden ca. 950 verschiedene Stoffe. Diese Wirkstoffe werden nach und nach geprüft und dann ggf. freigegeben.

Während dieses Prozesses dürfen alle bestehenden Biozidprodukte, die auf diesen Wirkstoffen basieren, auf dem Markt bleiben, wenn die geltenden nationalen Rechtsvorschriften eingehalten werden Nach der abschließenden Überprüfung / Zulassung wird der Wirkstoff zu der Unionsliste, als positiv getesteter Wirkstoff, hinzugefügt.

Die Analyse

Der zweite Schritt besteht daraus, die auf freigegebenen Wirkostoffen (Rohstoffen) basierenden Biozide, zu analysieren. D.h. im zweiten Schritt werden dann die spezifischen Formulierungen von verschiedenen Wirkstoffmischungen überprüft. Im diesem Schritt muss der Hersteller eines Biozids auch angeben, für welche Anwendungsgebiete das Mittel zu verwenden ist . Es wurden im Vorhinein 22 verschiedene Anwendungsgebiete, aus 4 Hauptgruppen (Desinfektionsmittel, Schutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel und sonstige Biozidprodukte), für Biozide definiert. In dieser Tabelle sind die unterschiedlichen Arten an Desinfektionsmitteln (4 Hauptgruppe) aufgeführt. Diese Produktarten schließen Reinigungsmittel aus, bei denen eine biozide Wirkung nicht beabsichtigt ist; dies gilt auch für Waschflüssigkeiten, Waschpulver und ähnliche Produkte.

*Die Tabelle ist reduziert auf die Hauptgruppe der Desinfektionsmittel.

Produktart Nummer Produktart Beschreibung
1 Menschliche Hygiene Haut- oder Kopfhautdesinfektion auf die menschliche Haut
2 Desinfektionsmittel u. Algenbekämpfungsmittel Produkte zur Desinfektion von Oberflächen, Stoffen, Einrichtungen und Möbeln, die nicht für eine direkte Berührung mit Lebens- oder Futtermitteln verwendet werden
3 Hygiene im Veterinärbereich Produkte für die Hygiene im Veterinärbereich wie Desinfektionsmittel, desinfizierende Seifen, Produkte für Körper- und Mundhygiene oder mit antimikrobieller Funktion.
4 Lebens- und Futtermittelbereich Produkte zur Desinfektion von Einrichtungen, Behältern, Besteck und Geschirr, Oberflächen und Leitungen, die im Zusammenhang mit der Herstellung, Beförderung, Lagerung oder dem Verzehr von Lebens- oder Futtermitteln (einschließlich Trinkwasser) für Menschen und Tiere Verwendung finden.
5 Trinkwasser Produkte zur Desinfektion von Trinkwasser für Menschen und Tiere.

Quelle: https://echa.europa.eu/de/regulations/biocidal-products-regulation/product-types

Was müssen Sie als Anwender von Bioziden / Desinfektionsmitteln beachten?

Seit dem 01.09.2015 dürfen Biozidprodukte nur noch Wirkstoffe von Herstellern enthalten, die in einer von der ECHA erstellten Liste aufgeführt werden. Ob ein Biozid eines bestimmten Herstellers sich gerade in dem Zulassungsprozess befindet oder bereits unter der Biozid Produkte Richtlinie verkauft wird, ist u.a. abhängig vom dem Wirkstoff des Biozids bzw. wann die eingereichten Dosier zu den jeweiligen Wirkstoffkombinationen geprüft werden. Falls ein Hersteller jedoch kein Dosier eingereicht hat, dann darf dieser das Produkt nur noch 6 Monate lang verkaufen (6 weitere Monate darf es der Anwender lagern und verwenden). Die Zulassung macht auch Aussagen darüber, für welche Anwendung das Biozid freigegeben ist (z.B. Wischen, Sprühen oder Vernebeln). Eigenmischungen (z.B. 70% Ethanol oder IPA) sind nicht mehr zulässig, da diese nicht registriert werden können.

Quellen:

Die Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten. Vom 22. Mai 2012 (ABl. EU Nr. L 167, S. 1)

https://echa.europa.eu/de/regulations/biocidal-products-regulation/product-types

Umweltbundesamt, die neue Biozidverordnung, 09/12

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